Mitglied des Bundestages
Charlotte Schneidewind-Hartnagel
In Deutschland gibt es rund fünf Millionen pflegende Angehörige. Die Grünen machen sich für sie stark, weil sie eine starke Säule unserer Sorgekultur sind und die Versorgung von pflegebedürftigen Menschen zu 75 Prozent abdecken. In eklatantem Widerspruch zu dieser Rolle stehen die geringe Anerkennung und Unterstützung, die sie erfahren. Das wollen die Grünen im Bundestag und ihre zeitpolitische Sprecherin Charlotte Schneidewind-Hartnagel mit einer grünen PflegeZeit Plus ändern.
„Wir wollen pflegende Angehörige dabei unterstützen, Menschen in Familie, Freundeskreis oder Nachbarschaft zu helfen, ohne mit den Kosten und der Belastung durch das Zusammenspiel von Pflege und Erwerbsarbeit allein zu bleiben oder ihre Berufstätigkeit zu unterbrechen“, fordert die Abgeordnete aus dem Wahlkreis Odenwald-Tauber anlässlich des Internationalen Tag der Pflegenden am 15. Mai. „Für die bessere Vereinbarkeit von Angehörigenpflege und Beruf machen wir mit der grünen PflegeZeit Plus einen Vorschlag, wie das Pflegezeitgesetz und das Familienpflegezeitgesetz zu einem Gesetz für mehr Zeitsouveränität für pflegende Angehörige weiterentwickelt werden kann.“
Hauptverantwortung liegt bei Frauen
Nicht erst seit der Corona-Pandemie ist die Pflege von An- und Zugehörigen für viele ein Kraftakt. Studien zeigen, dass die Belastung in den letzten Jahren zugenommen hat. Aktuell liegt der durchschnittliche Aufwand für private Pflege bei rund 59 Stunden pro Woche. „Es sind immer noch zum weitaus größten Teil Frauen, die unbezahlte Sorge- und Pflegearbeit übernehmen“, kritisiert die Politikerin, die auch dem Familienausschuss des Bundestags angehört.
Viele pflegende Angehörige sind überlastet: 90 Prozent der Angehörigenpflege wird von einer Hauptpflegeperson erbracht. 90 Prozent sind Frauen. 80 Prozent sagen, dass sie über ihrer persönlichen Belastungsgrenze pflegen. Frauen tragen oftmals die Hauptverantwortung, leisten zeitintensivere Sorgearbeit und reduzieren dafür tendenziell eher den Umfang ihrer eigenen Erwerbstätigkeit. „Daraus folgen Verdienstausfälle, langfristige Einkommenseinbußen und geringere Rentenansprüche“, erklärt Schneidewind-Hartnagel. Und das, nachdem viele Frauen bereits für die Betreuung von Kindern ihre Erwerbstätigkeit phasenweise eingeschränkt haben. Begünstigt wird das dadurch, dass es kaum Möglichkeiten gibt, planbare und flexible Arbeitszeiten zu arrangieren.“
Eine Gerechtigkeitsfrage
All das hat Auswirkungen auf die Verdienst- und Rentenlücke zwischen Männern und Frauen und trägt zum höheren (Alters-)Armutsrisiko von Frauen bei. Es braucht deshalb gesetzliche Rahmenbedingungen für mehr Gleichberechtigung sorgen, damit sich Erwerbsarbeit und private Sorgearbeit nicht gegeneinander ausspielen. „Und genau dafür sorgt die PflegeZeit Plus. Wir wollen mehr Zeitsouveränität, partnerschaftliche Aufteilung und finanzielle Absicherung für die pflegenden Angehörigen. Das ist eine Gerechtigkeitsfrage.“
Die Bundesregierung habe es verfehlt, die nötigen Strukturen zur finanziellen Absicherung von privat Pflegenden zu schaffen. Zwar bestehe mit der aktuellen (Familien-)Pflegezeit gesetzlich die Möglichkeit, Arbeitszeit für Pflege zu reduzieren. „Für den Verdienstausfall verweist die Regierung aber auf ein zinsloses Darlehen, das am eigentlichen Bedarf der Menschen vorbeigeht. Seit 2018 wurde ein solches Darlehen jährlich nur von rund 200 Personen beansprucht. Der Unabhängige Beirat zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf hat deshalb bereits 2019 die Einführung einer Lohnersatzleistung empfohlen. Darauf folgten allerdings keinerlei konkrete Handlungsvorschläge durch Ministerin Giffey.“
PflegeZeitPlus als steuerfinanzierte Lohnersatzleistung
Die PflegeZeit Plus ist als steuerfinanzierte Lohnersatzleistung konzipiert. Einen nahestehenden Menschen zu pflegen und erwerbstätig zu sein, soll für alle vereinbar sein. Die PflegeZeit Plus ermöglicht Freistellung für bis zu drei Monaten für Menschen, die Verantwortung für pflegebedürftige Angehörige, Nachbar:innen oder Freund:innen übernehmen. Darüber werden Arbeitszeitreduzierungen bis auf 20 Wochenstunden finanziell abgefedert – insgesamt für bis zu drei Jahre.
„Damit wollen wir es pflegenden Angehörigen ermöglichen, professionelle Pflege zu organisieren und zeitweise selbst die Pflege zu übernehmen“, sagte Schneidewind-Hartnagel. „Das alles muss möglich sein, ohne in finanzielle Notlagen zu geraten. Sorgearbeit ist systemrelevant – daher möchten wir mit einer steuerfinanzierten Lohnersatzleistung ähnlich wie beim Elterngeld – Belastungen auffangen und die Strukturen der Angehörigenpflege gerechter gestalten.“ Eine bessere Vereinbarkeit von Pflege und Beruf wird auch durch die sogenannten Partnermonate erreicht, denn Sorgearbeit muss sich auf mehrere Schultern verteilen können. Deshalb kann und soll ein Teil der PflegeZeit Plus von mindestens einer weiteren Person genutzt werden.
Letztlich geht es darum, alle benötigten gesellschaftlichen Kräfte zu mobilisieren, um die demografische Herausforderung zu meistern, vor der wir miteinander stehen. „Pflegende Angehörige brauchen neben finanzieller auch praktische Unterstützung. Deshalb setzen wir uns für den Ausbau kommunaler Unterstützungsstrukturen ein, damit passende Angebote an Beratung, Betreuung und Unterstützung umfassend zur Verfügung stehen. Die professionelle Pflegeinfrastruktur muss gestärkt werden, um in jedem Pflegefall einen Mix aus professioneller und privater Pflege zu ermöglichen, der den Bedürfnissen von Pflegebedürftigen und ihren pflegenden Angehörigen gerecht wird.“
Weiter Informationen und Details können unserem Antrag „Bessere Vereinbarkeit von Angehörigenpflege und Beruf durch eine PflegeZeit Plus“- entnommen werden: