Mitglied des Bundestages
Charlotte Schneidewind-Hartnagel
Die große Koalition in Berlin lässt nach Einschätzung der Bundestagsabgeordneten Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen) eine gute Gelegenheit verstreichen, das deutsche Krankenhauswesen zu reformieren. „Die Corona-Pandemie hat allen gezeigt, wie groß der strukturelle Reformbedarf ist, die Groko wagt sich aber nur an kurzfristige Verbesserungen heran. Ein hochtrabender Name wie ‚Krankenhauszukunftsgesetz‘ macht leider noch kein echtes Zukunftsprogramm“, kritisierte die baden-württembergische Politikerin. Deshalb legen die Grünen am Freitag im Bundestag einen Entschließungsantrag vor, damit der Entwurf nachgebessert wird.
Benachteiligung des ländlichen Raums
„Der vorliegende Entwurf ist zum Beispiel nicht geeignet, die Benachteiligung des ländlichen Raums bei der Gesundheitsversorgung zu überwinden, weil er sich nicht an die gegenwärtige Krankenhausplanung herantraut“, ergänzte Schneidewind-Hartnagel. Die bestehende Planung begünstige vor allem Doppelstrukturen in städtischen Ballungsräumen. Das gehe zulasten ländlich geprägter Regionen wie die Landkreise Main-Tauber und Neckar-Odenwald.
Schneidewind-Hartnagel bemängelte, dass die Regierungsfraktionen wichtige Bereiche wie die Strukturprobleme bei der stationären Versorgung außen vor lassen. „Eine bedarfsgerechte Ausstattung beim Pflegepersonal? Eine Verzahnung von ambulanter und stationärer Versorgung? Die Bündelung von Kapazitäten und Kompetenzen? Alles Fehlanzeige. Dieser Gesetzentwurf enthält nicht einmal Ansätze für eine Reform der Krankenhausplanung.“ Auch vor einer Reform der Investitionsfinanzierung schreckten die Regierungsfraktionen offenbar zurück. „Dabei muss der Investitionsstau schnellstens überwunden werden.“
Grüner Entschließungsantrag für echte Reformen
Die grüne Bundestagsfraktion wird die Bundesregierung am Freitag angesichts der gravierenden Mängel in einem Entschließungsantrag auffordern, einen überarbeiteten Gesetzentwurf vorzulegen. Dieser müsse eine Reform der Krankenhausplanung inklusive einer Änderung des Grundgesetzes enthalten, damit der Bund bundesweite Grundsätze für eine bedarfsgerechte Versorgungs- und Krankenhausplanung definieren kann. Reformiert werden soll nach Willen der Grünen auch das System diagnosebezogener Fallgruppen (DRG-System), mithilfe dessen die Vergütung ermittelt wird.
Außerdem fordern die Grünen unter anderem eine Reform der Investitionsfinanzierung, damit der Bund sich dauerhaft zur Hälfte an Investitionen beteiligen kann. „Der Bund muss mithelfen die Unterfinanzierung von Krankenhäusern gerade in den ländlichen Räumen zu beseitigen“, sagte Schneidewind-Hartnagel.
Erkenntnisse durch Corona als Chance
„Damit die Menschen überall in Deutschland verlässlich, wohnortnah, bedarfsgerecht und qualitativ hochwertig versorgt werden können, braucht es auf Bundesebene gemeinsame Grundsätze für die Versorgungs- und Krankenhausplanung“, resümierte Schneidewind-Hartnagel. „Die Erkenntnisse durch die Corona-Pandemie sind in dieser Hinsicht eine echte Chance – wenn die Regierung sich auch traut, die Probleme wirklich anzupacken.“