Wir müssen aus Corona lernen, Kinderrechte ernster zu nehmen

Entscheidungen in der Corona-Krise haben viele Kinder und Jugendliche körperlich, emotional und seelisch stark betroffen. Um das in Zukunft zu verhindern, müssten wir Kinderrechte ernster nehmen, forderte die Bundestagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel (Bündnis 90/Die Grünen).

„Kinder sind Spezialistinnen und Spezialisten in eigener Sache, aber als es um Entscheidungen in der Covid-19-Pandemie ging, wurden Kinder nicht gehört. Kinder sollen aber auch in schwierigen Situationen Gehör finden“, erklärte das Mitglied der Kinderkommission des Bundestages. „Deshalb müssen wir aus den Corona-Erfahrungen lernen und Strukturen schaffen, die Kinder zu Wort kommen lassen.“

Kinderrechte sind mehr als Kinderschutz

Als Unterzeichnerstaat der UN-Kinderrechtskonvention (UN-KRK) habe sich Deutschland verpflichtet, die Perspektiven von Kindern und Jugendlichen bei Entscheidungen zu berücksichtigen und sie in kindgerechter Sprache und Formaten darüber zu informieren. Zudem stehe das Land in der Pflicht, Problemlagen und Unterstützungsbedarfe unter den jungen Menschen zu identifizieren und Vorkehrungen für besonders vulnerable Lebenslagen zu treffen.

„Vieles davon ist rund um Corona nicht geschehen, obwohl für Bund und Länder schon seit 2010 verbindlich ist, im besten Interesse der Kinder zu handeln und sie dabei zu berücksichtigen“, sagte die Abgeordnete aus dem Wahlkreis Odenwald-Tauber. „Das beste Interesse für Kinder geht über Kinderschutz weit hinaus. Kinderrechte beinhalten sowohl Kinderschutz als auch Förderung und Beteiligung.“

Kinderrechte im Bundestag (Kinderkommission)

In der Kinderkommission des Bundestags fand am Mittwoch eine Anhörung zu diesem Thema statt. Die Leiterin der Monitoring-Stelle zur UN-Kinderrechtskonvention, Claudia Kittel, wies in diesem Rahmen darauf hin, dass bislang in Deutschland die geeigneten Instrumente fehlten, um sich über Verstöße gegen Kinderrechte zu beschweren. Sie forderte Kinderrechtsbeauftragte auf den Ebenen von Bund, Ländern und Kommunen.

Prof. Dr. Michael Klundt vom Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften der Hochschule Magdeburg-Stendal berichtete über eine Vergrößerung der Bildungskluft während der Lockdown-Phasen weltweit. Global seien 1,5 Mrd. Kinder zumindest zeitweise von Bildungs ausgeschlossen gewesen. Ein Drittel von ihnen habe keinen Ersatzunterricht erhalten. Rund 340 Millionen Kinder hätten keine Schulspeisung in Anspruch nehmen können. Laut Klundt trat die soziale Spaltung während der Corona-Krise deutlich hervor – auch in Deutschland.

Kinder zu Wort kommen lassen

Erwachsene dürften nicht so tun, als wüssten nur sie genau, was das Beste für Kinder sei, erklärte Schneidewind-Hartnagel. „Wenn wir in ihrem Interesse handeln wollen, müssen wir sie auch anhören – bevor wir Entscheidungen über sie treffen.“ Sie bemängelte, dass während der Pandemie zuerst Biergärten und Bundesligaspiele im Mittelpunkt des Interesses standen, bevor die Bedürfnisse von Kindern thematisiert wurden. „Wir müssen Kinder und Jugendliche einbeziehen, ihnen zuhören und ihre Rechte ernstnehmen“, forderte die Kinderpolitikerin.